Akut im Einsatz
Das Pilotprojekt „Acute Community Nurse“ verfolgt das Ziel, akute Gesundheits-probleme direkt vor Ort zu beheben und unnötige Krankenhausaufenthalte zu vermeiden.
Das Gesundheitswesen in Österreich steht vor zunehmenden Herausforderungen: Die Bevölkerung wird älter, wodurch mehr Menschen mit chronischen oder altersbedingten Erkrankungen konfrontiert sind. Oft werden gesundheitliche Probleme akut, wenn das dichte Netz aus medizinischen und psychosozialen Dienstleistungen nicht verfügbar ist. Diese Lücken treten häufig zu Tagesrandzeiten, an Wochenenden und Feiertagen auf. In Österreich ist der Rettungsdienst oft der einzige mobile medizinische Dienstleister, der rund um die Uhr zur Verfügung steht, sowohl bei gesundheitlichen als auch psychosozialen Notlagen. Dies führt dazu, dass er Aufgaben übernehmen muss, die ursprünglich anderen Sozial- und Gesundheitsdienstleistern zugeordnet sind. In vielen Fällen wird dann ein Transport in das nächstgelegene Klinikum notwendig.
„Die Schwerpunkte der Tätigkeit bilden akute Interventionen bei Sonden- und Kathetersystemen, Wundversorgung sowie die Durchführung von ärztlich angeordneten Infusionstherapien.“
Pilotprojekt
Um die Lücke zwischen niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, mobiler Pflege und klinischer Versorgung zu schließen und unnötige Hospitalisierungen zu vermeiden, wurde im Mai 2020 das Pilotprojekt „Acute Community Nurse“ (kurz: ACN) von Notruf Niederösterreich ins Leben gerufen. Hierbei werden diplomierte Krankenpflegerinnen und -pfleger mit einer Zusatzausbildung zur Notfallsanitäterin oder zum Notfallsanitäter eingesetzt. Ziel ist es, eine zeitnahe Betreuung bei gesundheitlichen Problemen anzubieten. Anders als Community Nurses, die eher prophylaktisch und beratend tätig sind, bringen die ACN medizinisches Material mit, um direkt vor Ort zu helfen. „Die Schwerpunkte der Tätigkeit bilden akute Interventionen bei Sonden- und Kathetersystemen, Wundversorgung sowie die Durchführung von ärztlich angeordneten Infusionstherapien. Es werden aber auch Gesundheitsberatungen durchgeführt und Menschen begleitet, die zu Hause ihr Lebensende erwarten sowie deren Angehörige in dieser Zeit unterstützt“, erklärt ACN-Projektleiterin Dr. Nicole Kordina. Insgesamt arbeiten ACN auch daran, Menschen, die unversorgt oder unterversorgt sind, wieder ans Gesundheitssystem anzubinden. Ein Beispiel aus der Praxis verdeutlicht das: „Ein COPD-Patient, der regelmäßig den Rettungsdienst wegen Atemnot alarmierte, lebte in einem Altbau mit einem ineffizienten Pelletsofen, der seine Krankheit zusätzlich verstärkte. Anstatt ihn immer wieder ins Krankenhaus zu bringen, wo die Probleme nach seiner Entlassung erneut auftraten, konnten wir durch enge Zusammenarbeit mit der Akutsozialarbeit und der Gemeinde erreichen, dass er in eine geeignete, ebenerdige Wohnung mit besserer Luftqualität umziehen konnte. Jetzt hat er einen Hausarzt und benötigt den Rettungsdienst nicht mehr“, so Kordina.
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Fotos: Hans Tanzer, Werner Jaeger, beigestellt