Schmerzen sichtbar machen
Eine Umfrage zeigt: Menschen mit Schmerzen fühlen sich stigmatisiert. Über 90 Prozent der Menschen mit einer neurologischen und bzw. oder einer Schmerzerkrankung fühlen sich stigmatisiert. Das zeigt eine aktuelle Umfrage des Arbeitskreises Patientenorganisationen der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V.
90,9 Prozent der Befragten gaben an, Stigmatisierung zu erleben. Diese beruht vor allem auf mangelndem Verständnis für die Erkrankungen und deren unsichtbare Symptome. Die häufigsten Krankheitsbilder, die in der Befragung genannt wurden, sind Fibromyalgie, chronische Schmerzen und Migräne. „Menschen, die an unsichtbaren Krankheiten leiden, stehen vor einer doppelten Herausforderung: Die Schmerzen selbst und das ständige Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen“, sagt Heike Norda, Vorsitzende des Vereins UVSD SchmerzLOS e.V. „Interessanterweise erfahren Diejenigen ein besonders hohes Maß an Stigmatisierung, deren Erkrankung `unsichtbar´ ist – also keine äußerlichen Merkmale aufweist.“
Betroffene nicht ernst genommen
Über 80 Prozent der Betroffenen gaben außerdem an, dass ihnen von medizinischen Fachkräften nicht geglaubt wurde. „Die Tatsache, dass Schmerzen unsichtbar sind, führt dazu, dass Betroffene nicht ernst genommen werden. Das kann zu einer fehlenden oder falschen Behandlung führen“, erklärt Norda. Sie fordert daher mehr Sensibilität im Umgang mit Betroffenen seitens der Ärzteschaft und des medizinischen Personals. Die Stigmatisierung geht jedoch weit über den medizinischen Bereich hinaus. 27 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen von ihrem sozialen Umfeld suggeriert wird, ihre Erkrankung sei selbstverschuldet. Dies wirkt sich nicht nur auf die psychische Gesundheit aus, sondern verstärkt die Isolation der Betroffenen. „Stigmatisierung führt dazu, dass Menschen sich zurückziehen und gesellschaftlich abgekapselt werden. Wir müssen diese unsichtbaren Barrieren abbauen“, fordert die Vorsitzende.
Gezielte Aufklärung
Ein Viertel der Teilnehmerinnen und Teilnehmer bezieht bereits Erwerbsminderungsrente, ein weiteres Fünftel ist in Teilzeit tätig. Besonders betroffen sind Frauen: Rund 90 Prozent der Teilnehmenden waren weiblich, die Mehrheit zwischen 55 und 64 Jahren. Etwas zeigt die Umfrage noch deutlich auf: Menschen mit neurologischen und Schmerzerkrankungen erleben eine doppelte Last – die Erkrankung selbst und die Stigmatisierung durch ihr Umfeld. Der Arbeitskreis fordert daher mehr Sensibilisierung. „Indem wir die unsichtbaren Schmerzen sichtbar machen, können wir die Lebensqualität der Betroffenen verbessern“, betont Norda. Um Stigmatisierung zu verhindern, müssen gezielte Aufklärungsmaßnahmen ergriffen werden. „Wir brauchen mehr Aufklärung in der Gesellschaft und unter Fachkräften. Missverständnisse und Mythen über neurologische Erkrankungen und Schmerzerkrankungen müssen ausgeräumt werden, damit Menschen mit Schmerzen nicht zusätzlich ausgegrenzt werden“, sagt Norda.
Text: Daniela Rittmannsberger ⎪ Foto: © iStock_NickyLloyd